Dieter Müller im großen Jahresinterview 2016 PDF Drucken E-Mail
Sonntag, den 11. Dezember 2016 um 17:55 Uhr

Bereits zum fünften Mal stellte sich Trainer Dieter Müller zum Saisonabschluss den Fragen unserer Online-Redaktion. Seit 2012 im Amt trägt seine Arbeit inzwischen viele Früchte. Grund genug sich mit ihm mal ganz in Ruhe ausführlich zu unterhalten und den Dingen, die bewegt haben, auf den Grund zu gehen.

alt

Bild mit Symbolcharakter: Das Deuzer Trainergespann Rottler/Müller lässt Zahlen sprechen

>> Mittlerweile hat sich vereinsübergreifend herum gesprochen, dass der Name Dieter Müller untrennbar für Zahlen und Zeiten in Deuz steht. Apropos Zahlen: Ist dir bekannt, in welchem Zusammenhang „39“ genannt werden darf?

Nein, ist mir nicht bekannt !

(Anmerkung d. Red.: Das ist eine journalistische Statistik. Nimmt man alle bisherigen Jahresinterviews seit 2012 zusammen, hast Du exakt so viele Fragen beantwortet!)

* * *

>> 2016 geht als dein fünftes Trainerjahr in die Vereins-Chroniken ein. Erfreulicherweise konnten wieder zahlreiche Erfolge gefeiert werden. Sind jetzt alle Früchte geerntet oder gibt es noch unerreichte Ziele?

Nein, die Saison ist für uns beendet, auch wenn noch Wintercup und Silvesterläufe anstehen. Das sind aber eher Vorbereitungsläufe für die kommende Saison, wo auch nicht mehr jeder teilnimmt.

>> Die von dir betreuten Sportlerinnen und Sportler stehen oft weit in der Ferne an den Startlinien. Wie schätzt Du die Außenwahrnehmung des Vereines ein? Kennen die Gegner inzwischen unsere Trikots?

Unser Verein hat überregional einen guten Ruf und ich bekomme sehr oft Lob und Anerkennung für die Erfolge unserer Aktiven, die die Konkurrenz natürlich mittlerweile genau auf dem Schirm haben. Die meisten Fachleute wissen jetzt auch, dass unser Deuz ohne „t“ geschrieben wird

>> Genau wie in der Vergangenheit „drehte sich das Personalkarussell“, neue Mitglieder stießen hinzu. Könntest Du diese bitte mal kurz vorstellen? Was sind die Motive für einen Wechsel?

Als erstes kann ich hocherfreut mitteilen, dass unser jahrelanger Leistungsträger Thomas Tremmel nach zwei Jahren bei ART Düsseldorf im neuen Jahr wieder für den TuS Deuz starten wird. Wenn auch noch nicht absehbar ist, wie intensiv Thomas als frisch gebackener Vater und beruflicher Beanspruchung den Laufsport betreiben kann.

Schon ein paar Monate ist Lisa Jaschke für den TuS Deuz startberechtigt und konnte zuletzt in Essen bereits überzeugen (38:35min über 10km). Sie ist sicher ein bekannter Name in der Laufszene, sei es durch ihre tollen Leistungen von vor 4-5 Jahren, als sie es sogar in den DLV Nachwuchskader geschafft hatte, aber auch durch viele Vereinswechsel in den letzten Jahren. Durch eine gute Aufnahme im Deuzer Damenteam und die Freundschaft zu Tina Schneider hoffe ich auf ein längerfristiges Bleiben beim TuS Deuz. Bisher gibt sich Lisa jedenfalls ausgesprochen sympathisch und unkompliziert, außerdem geht sie auch offen auf ihre neuen Vereinskollegen/innen zu.

Bei den Männern sind mit dem Würgendorfer Jonas Winkel und Eritrea-Flüchtling Amanuel Yakob zwei talentierte Athleten dazugekommen, die erst 25 Jahre alt sind. Beide sind quasi Neulinge und werden die heimische Laufszene im nächsten Jahr sicher deutlich beleben.

Mit dem 19jährigen Triathleten Jakob Steffe hat sich am letzten Tag der Wechselfrist noch ein junger Athlet dem TuS Deuz angeschlossen, um sich hier läuferisch weiter zu entwickeln.

>> Ein Name hingegen war zuletzt nicht mehr in den Ergebnislisten zu finden. Rebekka Otterbach stellte seit 2012 insgesamt sechs Vereinsrekorde auf, jetzt nimmt sie eine Auszeit. Wann sehen wir sie wieder?

Sportlich hat die „Auszeit“ von Rebekka eine große Lücke im Damenteam hinterlassen, da sie vorher praktisch an allen großen Mannschaftserfolgen maßgeblich beteiligt war. Aber alle freuen sich mit ihr über die bevorstehende Geburt ihres Babys im Januar.

Sie hat mir direkt mitgeteilt, dass sie weiterlaufen wird und daher glaube ich fest daran, dass eine wiedererstarkte Rebekka Otterbach dann auch in absehbarer Zeit wieder in den Ergebnislisten auftauchen wird.

>> Traditionell nun schon die folgende Frage: Wer hat aus deiner Sicht den größten Sprung gemacht und wer galt diese Saison als die Überraschung?

Den größten Leistungssprung hat mit Tina Schneider ausgerechnet eine Athletin gemacht, die den Laufsport als Leistungssport schon seit vielen Jahren betreibt, obwohl sie mit 26 Jahren noch jung ist. Tina hatte mir Ende letzten Jahres ihre ambitionierten Ziele genannt, wobei ich durchaus schlucken musste. Dann habe ich aber mit einer längerfristigen Planung angefangen, und Tina hat alles perfekt umgesetzt. Vier neue persönliche Bestzeiten und das Erreichen der Quali für die deutschen Leichtathletikmeisterschaften in Kassel über 5000m, außerdem die Verbesserung des über 30 Jahre alten Siegerlandrekords über Halbmarathon sprechen für sich.

Eine der größten Überraschungen war sicherlich der deutsche Meistertitel von Stefan Brockfeld über 10000m in seiner Altersklasse M50! Gerade weil er mit dem Abonnementsmeister Hardy Flum einen schier unbezwingbaren Gegner hatte. Ich saß damals mit meiner Frau Gabi im Kölner Stadion bei einem Bundesligaspiel des FC Köln und sah dauernd auf mein Handy, weil ich endlich das Resultat von „Brocki“ wissen wollte. Als mir dann der Titelgewinn angezeigt wurde, fand ich sogar das langweilige 0-0 Spiel der Kölner toll

Die überragenden Leistungen von Gerhard Schneider waren vielleicht keine Überraschung, aber wie konzentriert und top vorbereitet er seine Meisterschaftsziele erreicht hat, nötigt mir sehr viel Respekt ab.

Gabi hat ebenfalls wieder eine Top-Saison abgeliefert und war gerade bei den Meisterschaften meist auf den Punkt in Bestform, was mit drei deutschen Vizemeisterschaften belohnt wurde.

alt

"Tina Schneider setzte sich selbst sehr hohe Ziele" sagt ihr Trainer

>> Den Schwerpunkt bezogen auf die Wettkämpfe legst Du auf die verschiedenen Meisterschaften. Täuscht das Gefühl oder waren deine Deuzer diesmal wirklich noch erfolgreicher als in der Vergangenheit?

Nein, das Gefühl täuscht nicht. Die Saison 2016 war in punkto Meisterschaften bzw. Titelgewinne die bisher erfolgreichste während meiner Trainertätigkeit in Deuz, wahrscheinlich war es die erfolgreichste Saison in der Vereinsgeschichte. Sechs deutsche Meistertitel, fünf Vizemeisterschaften und viele weitere vordere Plätze sprechen eine deutliche Sprache, von den vielen Titeln im NRW Bereich ganz zu schweigen.

Bei näherer Analyse stellt man fest, dass alle Titel im Seniorenbereich geholt wurden. Deshalb müssen wir es uns zur Aufgabe machen, auch bei den Jüngeren Erfolge zu erzielen, denn daran hapert es leider derzeit. Yohannes Hailu Atey z.B. war in punkto Meisterschaften leider nicht sehr präsent in diesem Jahr.

>> Wettkämpfe, welche von Verbänden ausgerichtet werden, unterliegen oft anderen Regularien als der klassische Volkslauf im Nachbarort. Warum liest man oft, dass Läufer nicht zugelassen werden? Begründen sich „Nichtzulassungen“ aus Fehlern im Startpass oder sind auch Mitgliedschaften in den Vereinen an Bedingungen geknüpft?

Bei Meisterschaften von Verbänden gibt es klare Regeln, die beachtet werden müssen.

Man muss einen gültigen Startpass haben und bei vielen Meisterschaften sind Mindestleistungen vorgegeben, die in einem bestimmten Zeitraum erzielt werden müssen.

Jede Meldung wird vom Verband auf ihre Richtigkeit überprüft und wenn ein Kriterium nicht erfüllt ist, führt es zu einer „Nichtzulassung“. So wurde z.B. Gabi vor drei Jahren bei den deutschen Seniorenmeisterschaften nicht zugelassen, weil sie zwar die Qualizeit deutlich unterboten hatte, aber ihre Zeit vom 5000m Molzberglauf handgestoppt war und nicht wie vorgeschrieben, elektronisch.

>> „Regeln“ in den Verbänden sorgen auch schon mal für Kopfschütteln und Unverständnis. Beispiel: Der Berliner Roland Gröger läuft letztes Jahr in Erfurt Hallen-Weltrekord, verpasst aber den Deutschen Rekord! Bitte wie kann das sein?

In Deutschland wird in den Altersklassen nach Jahrgängen gerechnet, d.h. es spielt keine Rolle ob jemand im Januar oder im Dezember die neue Altersklasse erreicht. International MUSS man aber das Alter der Altersklasse auch wirklich erreicht haben. Daher gab es den oben beschriebenen kuriosen Fall. Bei den „wirklich 50jährigen“ ist Roland Gröger der Weltrekordhalter, während 1988 Guido Müller als deutscher Rekordhalter schneller war. Allerdings war er zum Zeitpunkt seiner Leistung auch noch keine 50 Jahre alt. Warum man national und international unterschiedlich wertet, ist mir allerdings auch schleierhaft und gehört eigentlich schnellstens geändert.

>> Auch in diesem Jahr gab es bei uns mehrere neue persönliche Bestleistungen und satte 5 Vereinsrekorde. „Gerecht verteilt“ im herkömmlichen Sinne waren diese nicht, denn nur bei den Frauen wurden auch die ewigen Rekorde verbessert. Was machen die Damen besser?

Da in Deuz früher eher die Männer wettkampfmäßig in Erscheinung getreten sind, hängen die Trauben bei den Vereinsrekorden dort auch höher. Die Leistungen eines Carsten Breitenbachs oder Yohannes Hailu Atey könnten nur Ausnahmekönner unterbieten, die wir aber derzeit leider im Hauptklassenbereich nicht haben, es sei denn Yohannes gibt (hoffentlich) mal wieder Gas.

Bei den Frauen sah das anders aus, wo vor 5 Jahren mit dem Zugang von Rebekka Otterbach neue Dimensionen für Deuzer Verhältnisse erreicht wurden. Erst holte sich Rebekka fast alle Rekorde, dann errang Tina einen Rekord nach dem anderen. Dass durch Caprice nun eine Marathonzeit von unter 3 Stunden als Rekord dasteht, freut mich auch sehr.

>> Persönliche Bestleistungen wurden zuletzt auch durch praktische Hilfe erzielt. Oft sah man Leute wie u.a. Holger Klein, die als Tempomacher spezielle Schrittmacherdienste leisteten. Legst Du diese Rolle vorher fest oder wie kommt man zu einem „Hasen“?

Meistens machen das die Leute untereinander aus, nur ab und zu habe ich meine Finger im Spiel. So hat Brocki beim Sportfest in Wenden den Hasen für Tina gemacht, um dort eventuell schon die Quali für die Leichathletik DM zu laufen. Aber generell haben wir mit unseren vielen Leuten einige Möglichkeiten, Aktive durch Pacemaker zu unterstützen.

Holger Klein ist bei den Deuzer Damen natürlich ein begehrter „Hase“, dessen Pacemakerdienste gerne und oft in Anspruch genommen werden

alt

3x Deutsche Vizemeisterin 2016: Gabi Müller-Scherzant im Kreise beider Trainer

>> Gib uns mal einen Ausblick auf 2017! Stehen die Planungen bereits? Was werden die Saisonhöhepunkte sein?

Eine genaue Planung steht noch aus, aber in der ersten Jahreshälfte wird sicher die deutsche Halbmarathonmeisterschaft in Hannover einen Schwerpunkt darstellen.

Dort und auch bei den deutschen Marathonmeisterschaften in Frankfurt hoffe ich außer unseren bewährten Kräften (M40/45 und M60plus Mannschaften) auf ein endlich wieder starkes Damenteam. Denn da hat es zuletzt doch gehapert, weil wir die stärksten Läuferinnen aus unterschiedlichsten Gründen nicht gemeinsam an den Start bekommen haben.

Dann möchten wir erstmals ein Trainingslager über Ostern durchführen. Die Planungen sind bereits voll im Gange.

>> Wann steht der Läufer Dieter Müller das nächste Mal an der Startlinie?

Einmal (in Mülheim an der Mosel) bin ich dieses Jahr sogar an den Start gegangen und habe…gewonnen

Aber Spaß beiseite…meine Wettkampfzeit ist vorbei, dafür haben sich zu viele Wehwehchen eingestellt. Soweit es geht halte ich mich noch fit und bin ansonsten mit Trainingsgestaltung und Organisation ziemlich ausgelastet.

>> Willst Du abschließend noch was loswerden? Du hast auch hier das "letzte Wort"!

Gab es in den letzten Jahren für mich auch immer mal wieder etwas zu kritisieren, so bin ich mit dieser Saison sehr zufrieden. Die Trainingsbeteiligung war ordentlich und es macht immer wieder Spaß zu beobachten wie sich etliche Aktive mit Eifer und Motivation auf ihre Ziele vorbereiten. An den Schlüsselstellen der Laufabteilung sind wir mit kompetenten Leuten besetzt, die allesamt gute Arbeit leisten.

Wir sollten allerdings versuchen, für Jüngere attraktiver zu werden, um nicht nur in erster Linie als Seniorenverein zu gelten. Die Konkurrenz ist größer geworden, mittlerweile gehen auch einige gute Läufer/innen zu z.B. Triathlonvereinen, die derzeit im Trend liegen.

Bedanken möchte ich mich bei den Aktiven, die immer hochmotiviert bei der Sache sind und trotz allem Ehrgeiz, für eine gute Stimmung im Verein sorgen.

Einen ganz großen Verdienst hat natürlich unser Förderverein mit seinen Verantwortlichen. Auch wenn man dort vielleicht nicht direkt am sportlichen Geschehen ist, seid ihr beteiligt. An den Meisterschaftserfolgen habt ihr ebenfalls euren Anteil!. So hoffe ich auch zukünftig auf gleichbleibende Unterstützung für unsere erfolgreichen Sportler, die mit viel Aufwand bundesweit für den TuS Deuz im Einsatz sind.

-------

Herzlichen Dank Dieter das Du dir so viel Zeit genommen hast und uns mit diesem Interview an deinen Gedanken hast teilhaben lassen! Dir und deiner Familie frohe Weihnachtsfeiertage!