Jahresinterview 2018 mit Trainer Dieter Müller Drucken
Geschrieben von: ToH   
Montag, den 17. Dezember 2018 um 09:13 Uhr

Mit Beginn des letzten Monats des Jahres, dem Dezember, ist die Saison in der Laufabteilung „offiziell“ zu Ende. Natürlich wird man einige noch an Wettkämpfen wie unterschiedlichen Silvesterläufen sehen, während andere die Zeit zur Einkehr und Ruhe nutzen. „Zeit“- das Stichwort, ein Fazit ziehen, wozu sich die Online-Redaktion auch in diesem Jahr mit dem Trainer Dieter Müller unterhalten hat. Viel Spaß beim Lesen!

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>> Hallo Dieter, in anderen Kreisen spricht man vom „verflixten 7.Jahr“ welches Ehen auf die Probe stellt, das Hundealter entspricht dem siebenfachen eines Menschen, die Zahl der „Veränderung“ bedeutete nicht nur im alten Babylon Unglück, sondern versetzt Menschen auch heute noch in China oder Thailand in Angst. Spielt Aberglaube im Leben eines Trainers, den Zahlen ja ständig begleiten, bspw. beim Abgleich von Zielen in Bezug auf Realisierbarkeit, eine Rolle?

Ich habe gerade das „verflixte 7.Ehejahr“ mit meiner Frau Gabi ohne Probleme geschafft 

Daher hält sich der Aberglaube in Grenzen. Auch im Sport beschäftige ich mich eher mit Fakten. Die Frage zielt aber sicher auf mein 7.Trainerjahr beim TuS Deuz. Da bin ich guter Dinge, dass es sportlich wieder ein ordentliches Jahr wird.

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Dieses Lächeln hält länger als 7 Jahre- begehrtes Fotomotiv auch für Männer

>> Ereignisse, auf die man nach Möglichkeit verzichten möchte, sind Schockmomente! Schocks die einen so sehr berühren, dass Dinge die bis eben unser Leben und Handeln bestimmten, völlig in den Hintergrund rücken. Noch im letzten Jahr sprachst Du die schwere Erkrankung von Gerhard Schneider an …

Leider gab es in der letzten Woche nach dem Tod von Gerhard Schneider einen weiteren Schockmoment. Mit Reiner Neiß ist ein sympathisches, langjähriges Vereinsmitglied im Alter von nur 49 Jahren völlig überraschend beim Laufen verstorben. Reiner war zwar seit einigen Jahren wettkampfmäßig nicht mehr aktiv, aber seine positive Einstellung und seine Hilfsbereitschaft werden mir immer in Erinnerung bleiben.

Vor einem Jahr hatten wir alle noch die Hoffnung, dass Gerhard Schneider den Kampf gegen seine schwere Krankheit gewinnt. Leider haben wir ihn dann doch verloren. Daran sieht man, wie unbedeutend Zeiten, Plätze und Meisterschaften sein können. Der Verlust von Gerhard und Reiner legt einen dunklen Schatten auf das Jahr 2018 für den TuS Deuz.

>> Nach diesen Worten fällt es mir schwer eine Überleitung zum Alltag zu finden.

Nicht schön, aber (Gott sei Dank) nicht tragisch, waren die Dinge, welche Du letztes Jahr als verbesserungswürdig erkannt und angesprochen hast- den Männerbereich, ausgenommen der Senioren. Nach deinen eigenen Worten ist hier nicht mit schnellen Ergebnissen zu rechnen. Maßnahmen werden aber doch getroffen, oder?

Es hat sich schon etwas getan. Wir haben uns letztes Jahr mit einigen Leuten der Laufabteilung zusammengesetzt und erörtert, wie wir interessanter und attraktiver für neue Mitglieder sein können.

Es gab u.a. ein gemeinsames Training mit über 30 Aktiven an der Siegarena, wo auch Gäste und Presse eingeladen waren. Im Laufe des Jahres konnten wir einige neue (auch jüngere) Mitglieder verzeichnen, die in meinen Augen frischen Wind in die Laufabteilung gebracht haben. Also da sind wir auf einem guten Weg.

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Wer bat wem zum gemeinsamen Foto? Die mehrfache U20 und U23 Crosslauf-Europameisterin in  der Mittelstreckendistanz Konstanze Klosterhalfen holte auch schon 10 verschiedene DM-Titel und wurde 2016 über 3000m Dritte bei den U20-Weltmeisterschaften. Dieter Müller traf die talentierte Rheinländerin bei einer Gala in Krombach.

>> Ein Trend, der nicht nur den Schatzmeister erfreut, sind Neuzugänge. Der Blick in die Ergebnislisten 2018 verriet, dass Du wieder Verstärkung und Ergänzung in das Aufgebot bekommen hast. Wer sind diese Sportler, könntest Du unsere Neuen mal kurz vorstellen?

Im Leistungsbereich hat sich dieses Jahr personell eigentlich wenig verändert. Mir fällt da Bert Schmal ein, der von Anlauf zu uns gestoßen ist und sich in kurzer Zeit unglaublich verbessert hat. Mit Aleksey Nesterov haben wir zusätzlich einen ehrgeizigen M35 Läufer dazubekommen, der im Ausdauercup durchweg vordere Platzierungen erreicht und die Serienwertung gewonnen hat.

Bei den weiteren Neuen muss man die Entwicklung abwarten. Vielleicht kann ich nächstes Jahr weitere Namen von Aktiven nennen, die auf sich aufmerksam gemacht haben.

>> Zu einer Tradition zu entwickeln scheint sich das angebotene Trainingslager im Frühjahr im hohen Norden. Da erst die letzten Tage die Eckdaten für das Camp im nächsten Jahr verschickt wurden, scheinen die Planungen bereits angelaufen zu sein. Ein Urlaub an der See erwartet die Teilnehmer sicher nicht? Warum hat sich eigentlich dieser Ort durchgesetzt?

Es stimmt, dass die Planungen für ein weiteres Trainingslager in Cuxhaven angelaufen sind. Das Interesse scheint wieder so groß zu sein, dass es auch stattfinden wird. Neben intensivem Training, das natürlich auf die jeweilige Leistungsstärke abgestimmt ist, spielt die Gemeinschaft eine genauso große Rolle. Es wird neben dem Training viel zusammen unternommen.

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Traumkulisse dennoch kein Urlaub- Trainingslager an der Nordsee

Cuxhaven (Ortsteil Duhnen) hat sich als idealer Ort erwiesen. Die Trainingsmöglichkeiten sind mit Stadion und einem größeren Waldgebiet (Wernerwald) optimal. Die Lage der Ferienwohnungen, wo wir alle untergebracht sind, ist ebenfalls sehr gut. Es kommt nicht von ungefähr, dass die benachbarte und überaus erfolgreiche SG Wenden schon weit über 20 Jahre dort ihr Trainingslager aufschlägt.

Zu meiner aktiven Zeit war ich selbst häufig im Trainingslager in Cuxhaven und kenne mich dort bestens aus.

>> Begriffe wie „Comeback“ oder „Lazarett“ werden jeden Trainer sicher auch in Zukunft begleiten. Namen verschwinden aus den Ergebnislisten, andere Namen tauchen nach einiger Abstinenz wieder auf. Gibt es in dieser Hinsicht für dich Grund zu klagen?

Wenn man diesen trainingsintensiven Sport betreibt, bleiben Verletzungen nicht aus. Bei der Größe der Laufabteilung des TuS Deuz ist eigentlich immer jemand angeschlagen oder ein anderer kommt wieder zurück. Erfreulicherweise haben Andreas Senner und Stefan Brockfeld ihre z.T. langwierigen Verletzungen überwunden und greifen wieder an.

Dafür sind meine Frau Gabi oder auch Manuel Wörmann nach Operationen erst wieder im Aufbau. Bedanken möchte ich mich an dieser Stelle bei unserem kompetenten Doktorehepaar Patrick und Caprice Löhr, bei denen die Verletzten in besten Händen sind.

>> Heute unterhalten wir uns zum siebenten Mal, jedoch eine Frage hat es bisher in jedes Interview geschafft. Darum stellen wir sie dir auch heute- Wer hat aus deiner Sicht den größten Sprung gemacht, bzw. wer galt diese Saison als die Überraschung?

Bei den Frauen muss man natürlich Kathi Schäfers nennen, die eine ganz starke Saison mit einigen Bestzeiten hinter sich hat. Bei den Männern hat die Gruppe um Jonas Winkel, Viktor Horch, Tobias Schmechel und Bert Schmal große Fortschritte gemacht. Alle haben Bestzeiten aufgestellt und auch in Teamwettbewerben für große Erfolge gesorgt. Dazu zählt auch Rainer Bonn, der im Taunus lebt und daher nicht am gemeinschaftlichen Training teilnehmen kann.

Rainer Müller (M65) hat seine starken Leistungen aus der Vorjahressaison ebenfalls wieder bestätigt, während Susanne Büdenbender erstmals eine Einzelmedaille bei einer deutschen Seniorenmeisterschaft (Halle) gewonnen hat.

>> Im Vorjahr konnte man von dir erfahren, dass u.a. große Hoffnungen in die Deutschen Marathon-Meisterschaften in Düsseldorf und die HM-Titelkämpfe von Hannover gesetzt wurden. Sind aus heutiger Sicht die Träume gereift? Erinnerst Du dich an einen Wettkampf im Besonderen?

In der Tat waren die deutschen Marathonmeisterschaften in Düsseldorf für mich das Highlight der Saison. Dass die Damen mit Tina Scheider/Rebekka Wörmann/Dr.Caprice Löhr in der Mannschaftswertung mit einer fantastischen Endzeit von knapp unter 9 Stunden auf dem Bronzerang landeten, konnte nach etlichen Problemen im Vorfeld nicht erwartet werden.

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Deuzer Damenteam holt Bronze bei den Deutschen Meisterschaften im Marathon

Rebekka hat viele Trainingskilometer alleine mit Babyjogger absolviert, während der Einsatz von Caprice lange auf der Kippe stand. Umso schöner, dass Caprice in ihrer Altersklasse W35 sogar deutsche Meisterin wurde.

Als dann auch die M35 Männermannschaft mit Rainer Bonn, Viktor Horch und Lutz Hellmann den Titel holte, war der Jubel natürlich groß. Gerade für Lutz, der vorher noch an keiner Meisterschaft teilgenommen hatte, freut es mich besonders. Unsere 70jährige „Powerläuferin“ Ulrike Pithan möchte ich nicht vergessen, die sich die Silbermedaille holte.

>> Herumgesprochen hat sich inzwischen, dass für besondere Leistungen auch entsprechendes Training notwendig ist. Dein Kader umfasst jedoch im Gegensatz zum Pferde-Rennen mit Millimeterentscheidungen ein leistungsmäßig breiter gefasstes Spektrum. Dazu sind auch die persönlichen Ambitionen im Breitensport unterschiedlich. Das Ticket für eine DM in Düsseldorf bspw. setzt recht hohe Referenzen voraus, wem steht dagegen zum betreuten Training in Deuz die „Tür offen“?

Ich muss zugeben, dass ich meine Einstellung etwas geändert habe. War ich am Anfang meiner Tätigkeit in Deuz sehr leistungsorientiert, so habe ich jetzt keine Probleme, ehrgeizige Anfänger oder Breitensportler bei dem Erreichen ihrer Ziele zu unterstützen.

Daher braucht man keine „hohen Referenzen“, um an unserem Training teilzunehmen. Wer sich verbessern möchte und persönliche Ziele anstrebt, ist bei uns im Training immer willkommen. Die Besetzung bei Meisterschaften wird im Vorfeld mit den Aktiven abgesprochen.

>> „Je oller je doller“- mangelnden Einsatz kann man den Senioren/Seniorenteams beileibe nicht vorwerfen. Ist der Verein hier gut gesegnet oder gibt es wirklich ein besonderes Erfolgsgeheimnis, welcher den „2.Frühling“ der Generation 50+ auslöst? Für den Außenstehenden wirkt es regelmäßig unfassbar, mit welcher Konstanz gerade die Routiniers über Jahre ein konstant hohes Potenzial abrufen!

Ausdauersport kann man noch im „höheren“ Alter betreiben und gerade die Ausdauerfähigkeit bleibt lange erhalten. Was nachlässt, ist die Schnelligkeit. Wenn ich sehe, welche Zeiten Rainer Müller mit 68 Jahren läuft, dann braucht einem sportlich vor dem Älterwerden nicht bange werden. Aber da steckt auch viel Training und Motivation dahinter. Wie heißt es so schön…von nichts kommt auch nichts 

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Laufen präzise wie ein Uhrwerk- Deuzer Routiniers beim Wettkampf in Wetzlar

>> Im Rheinland schrieb man Deuz lange mit „tz“. Inzwischen ist das Trikot bekannter als vor deiner Zeit, auch in Essen am Baldeneysee wo der TuS inzwischen seinen Platz bei TUSEM gefunden hat.

Hier und da kommt es noch immer vor, dass Deuz mit „tz“ geschrieben wird. Aber sicherlich nicht in Essen, wo man sich jedes Jahr über die große Anzahl an Deuzer Teilnehmern freut. In Läuferkreisen ist schon allgemein bekannt, dass der TuS Deuz aus dem Siegerland gemeint ist.

>> 2019 wird garantiert jedem im Verein wieder Anlass geben, sein Können unter Beweis zu stellen! Wo hat man Gelegenheit dazu, bzw. welche Termine stehen bereits jetzt in deinem Kalender?

Es kristallisiert sich heraus, dass die deutschen Halbmarathonmeisterschaften im Frühjahr in Freiburg ein großes Ziel sein werden. Das Interesse ist recht groß und ich hoffe, dass wir starke Teams oder auch Einzelläufer stellen werden. Der Marathon in Düsseldorf, wo wieder die deutschen Meisterschaften stattfinden, wird wahrscheinlich vom TuS Deuz nicht so stark besetzt sein.

Einige haben andere (Marathon)Ziele und weitere Kandidaten setzen einfach mal mit einem trainingsintensiven Marathon aus, wofür ich Verständnis habe. Ansonsten hoffe ich, dass die Motivation für Meisterschaften erhalten, bzw. gesteigert werden kann, denn zuletzt war die Beteiligung etwas mau.

>> Dir gehört natürlich wieder das „letzte Wort“! Möchtest Du an dieser Stelle noch etwas ergänzen?

An dieser Stelle möchte ich mich wieder bei einigen Leuten bedanken. An erster Stelle sind das die Aktiven, mit denen das Training auch nach 6 Jahren noch großen Spaß macht. Ein Dank geht an Andreas Rottler, der unsere Marathonis wieder mit perfekten Trainingsplänen versorgt hat.

Unser Förderverein hat die Laufabteilung wieder einmal toll unterstützt und z.B. einen großzügigen Zuschuss zum Trainingslager gewährt. Insgesamt ist die Zusammenarbeit mit Stefan Brockfeld (Abteilungsleiter), Eberhard Schmidt (Finanzen) oder auch Karl Steiner von großem Vertrauen geprägt.

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Herzlichen Dank Dieter dass Du dir auch dieses Mal wieder so viel Zeit für uns genommen hast! Du hast uns interessante Einblicke in deine Arbeit gewährt- unsere Leser werden sich freuen. Im Namen der gesamten Online-Redaktion darf ich dir und deiner Familie ein gesegnetes, besinnliches und friedvolles Weihnachtsfest wünschen. 

notiert von: ToH