Großes Jahresinterview mit Dieter Müller Drucken
Geschrieben von: ToH   
Mittwoch, den 11. Dezember 2019 um 20:12 Uhr

Seit nunmehr 8 Jahren steht er im Dienst des Vereins. Dieter Müller hat als verantwortlicher Trainer der Laufabteilung des TuS Deuz maßgeblichen Anteil an großen Erfolgen, welche den Verein weit über das Siegerland hinaus in den Blickpunkt rückten. Viele Aktive verdanken Dieter Müller, welcher von Andreas Rottler unterstützt wird, so manche persönliche Bestzeit. Auch Deutsche Meisterschaften, Siegerlandrekorde und vieles mehr konnten nur errungen werden, weil im Training die entsprechenden Grundlagen gelegt wurden. Zum Saisonabschluss unterhielt sich die Redaktion mit dem Trainer und heraus kam dieses Interview-

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Stets die Zeiten im Blick- der Trainer in seinem Element


>> Hallo Dieter, noch vor einem Jahr lasen sich alle sportlichen Erfolge wie Randerscheinungen in Anbetracht der beiden tragischen Todesfälle im Verein. Auch wenn glücklicherweise 2019 keiner der aktiven Sportler aus dem Leben gerissen wurde- denkt man auch als Trainer sicher oft an die ehemaligen Sportkameraden zurück?

In der Tat denke ich bei Wettkämpfen öfter an Gerhard. Die Lücke, die er hinterlassen hat, haben wir auch sportlich nicht schließen können. Ich erwische mich gerade bei Meisterschaften oft dabei, wie ich ausrechne, welchen Platz wir bei den M60igern wohl mit Gerhard belegt hätten. Daher habe ich mich in diesem Jahr ganz besonders für die Erfolge von Tochter Bianca gefreut (zweimal deutsche Meisterin). Ich weiß, dass es Gerhard sehr stolz gemacht hätte, und vielleicht hat er ja von oben zugesehen. Bei Rainer sind es eher private Begebenheiten, wo ich an ihn denken muss.

>> Du hast jetzt dein achtes Jahr vollendet. Rückblickend darauf hast Du sicher viele Emotionen und Eindrücke gesammelt. Auch wenn es nicht einfach ist, jede Saison miteinander zu vergleichen- wo würdest Du die aktuelle Saison einordnen?

Diese Saison war wohl sportlich die erfolgreichste in der Geschichte der Laufabteilung. Mit neun deutschen Meistertiteln und unzähligen NRW- oder Westfalenmeisterschaften war die Ausbeute einfach herausragend. Mir hat dieses Jahr unglaublich viel Spaß gemacht, und es werden sehr viele schöne Erlebnisse haften bleiben. Die Trainingsbeteiligung war ebenfalls enorm, was uns Trainer natürlich sehr freut.

>> Ein Blick auf die Vereinshomepage verrät, dass aktuell wieder Nachwuchssportler und vor allem Betreuer dafür gesucht werden. Warum scheint es so schwierig, geeignete Kandidaten oder auch Betreuer zu finden? In fachlicher Hinsicht hast Du doch bestimmt ein offenes Ohr für einen Jugendtrainer. Welche Anforderungen werden denn grundlegend gestellt?

Die Betreuung der Kinder bzw. Jugendlichen stellt wirklich ein Problem dar. Aus mehreren Gründen ist derzeit als Nachwuchstrainer nur noch Jannik Ax übriggeblieben. Trotz großem Engagement kann er die anfallenden Aufgaben nicht alleine stemmen. Ich stehe mit Jannik öfter in Kontakt, um gerade auch bei der Betreuung des sehr talentierten Fabio Klein mit meiner Erfahrung zu helfen. Aber ich hoffe sehr, dass wir zeitnah Lösungen finden, weil ansonsten wahrscheinlich der Fortbestand des Nachwuchses in Deuz in Gefahr gerät. Das sollte bei einem vergleichsweise großen Verein wie dem TuS Deuz nicht passieren.

>> Die Nachfrage nach Trikots im Erwachsenenbereich scheint dagegen ungebrochen. Zumindest liest man gefühlt öfters „neue Namen“ in den Ergebnislisten. Könntest Du die zuletzt ins Team gestoßenen Sportler mal kurz vorstellen?

Aktuell können wir mit Thomas Schönauer (SG Wenden), Thomas Lorsbach (ASC Weißbachtal) und Matthias Marks (LG Hamm) drei Neuzugänge bei den Männern präsentieren. Der erfahrene und zuverlässige Thomas Schönauer soll unsere M40 Mannschaft verstärken, während „Last-Minute-Neuzugang“ Matthias Marks dem starken M50 Team um Stefan Brockfeld und Andreas Senner weiterhelfen soll. Den früheren Radrennfahrer Thomas Lorsbach halte ich läuferisch für sehr talentiert, und ich denke er wird sich bei uns stark verbessern.

Bei den Frauen haben wir mit der ehemaligen Leistungsschwimmerin Dorothea Pieck ebenfalls einen interessanten Neuzugang. „Doro“ war zuletzt in der Triathlon-Bundesliga in München aktiv und möchte nach der Rückkehr in die Siegerländer Heimat den sportlichen Schwerpunkt erstmal aufs Laufen legen.

>> Wettkampfpausen müssen immer wieder mal eingelegt werden, sei es mit positivem Hintergrund bei einer Babypause oder eher unschönem Hintergrund einer Verletzung. Wie steht es aktuell um diese Sportlerinnen und Sportler?

Bei einer zahlenmäßig so großen Laufabteilung wie der des TuS Deuz fallen zwangsläufig immer Aktive aus den unterschiedlichsten Gründen aus. Holger Natzke zum Beispiel plagt sich praktisch schon das ganze Jahr mit Achillessehnenproblemen herum und fiel leider für alle Meisterschaften aus. Mit Jonas Winkel hatten wir verletzungsbedingt ebenfalls einen praktisch ganzjährigen Ausfall. Bei den „Wörmanns“ (Rebekka und Manuel) stand das Jahr 2019 ganz im Zeichen ihrer beiden Kinder. Aber sie haben sportlich „gute Vorsätze“ fürs neue Jahr und wollen wieder am Training teilnehmen. Verletzungsbedingt fällt bei einer intensiven Sportart wie dem Laufen immer mal wieder jemand aus, was aber nicht ungewöhnlich ist.

>> Die Planungen für 2020, immerhin ein Jahr mit Olympischen Sommerspielen, laufen. Auch ein Trainingslager ist wieder geplant. Wie ist die Resonanz bisher und was erwartet die Teilnehmer dort?

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Ein starkes Team- TuS Deuz von jung bis alt

Das Trainingslager wurde sehr gut angenommen, und gerade das Gemeinschaftsgefühl wird von den Teilnehmern immer sehr gelobt. Im nächsten Jahr (wieder über Ostern) deutet alles auf eine Rekordbeteiligung hin. Da mit den Senners und Löhrs auch Familien mit Nachwuchs dabei sind, wird es neben dem intensiven Training auch wieder familiär zugehen, was ich als sehr angenehm empfinde. Das Training dort ist auf die Leistungsfähigkeit der Teilnehmer abgestimmt, sodass niemand überfordert wird. Ansonsten hat jeder genug Freiraum, um das zu tun was er gerne möchte.

>> Gute Ergebnisse kann man zu sehr guten Ergebnissen steigern. „Gefühlt alles erreicht“ zu haben, scheint 2019 Deine Frau Gabi, welche sich mit Rekordmarken in diesem Jahr selbst überboten hat. Wie kam es dazu und was erreichte sie in der Summe?

Gabi hat wirklich eine unglaubliche Saison hingelegt, die ihresgleichen sucht. Ihre Bandbreite von starken Leistungen reichte von 400m(!) bis zum Halbmarathon, wo sie überall erfolgreich war. Das Highlight war sicher der Doppelsieg über 800m und 1500m im thüringischen Leinefelde/Worbis. Dort holte sich Gabi in beeindruckender Weise gleich zwei deutsche Meistertitel. Über 10000m in Essen wurde sie außerdem deutsche Vizemeisterin, während es in der Halle (800m) und im Halbmarathon für die Bronzemedaille gereicht hat.

Zusätzlich sprangen noch etliche NRW- und Westfalenmeisterschaften heraus, von den 8(!) Kreisbestleistungen in der W50 ganz zu schweigen. Die Vorbereitung auf diese Saison hat sich als ideal erwiesen. Im letzten Jahr (da noch W45) haben wir es etwas ruhiger angehen lassen, um dann in der neuen Altersklasse W50 voll anzugreifen. Dass es so gut klappt, hätte ich mir allerdings auch nicht träumen lassen.

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Bärenstarke Saison 2019- Gabi Müller-Scherzant in der Form ihres Lebens

>> Welchen Stellenwert hat eigentlich ein „Siegerlandrekord“ aus Deiner Sicht?

Es hängt immer ein bisschen von der Vorleistung ab. Manche Altersklassen sind schwach besetzt. Da hat für mich eine Verbesserung keinen sonderlich hohen Stellenwert. Auch die Vorleistungen bei Gabis Kreisrekorden waren nicht alle hochwertig. Das muss man so offen sagen.

Wenn sie sich allerdings als Langstrecklerin über die Langsprintdistanz von 400m an die Spitze setzt, hat das schon einen gewissen (hohen) Stellenwert.

>> Besonderes Augenmerk wolltest Du dieses Jahr auf die Deutschen Halbmarathon-Meisterschaften in Freiburg legen. Wurden Deine Erwartungen erfüllt?

Die deutsche Halbmarathon-Meisterschaft in Freiburg war, neben der 10km DM in Siegburg, ein großes Saisonhighlight. Man vergisst fast ganz, dass wir neben den beiden Goldmedaillen im Seniorenbereich (Mannschaft M35 und W30-45) mit unserer Frauenmannschaft in der altersklassenübergreifenden Wertung Dritter geworden sind. Nur die beiden „Profiteams“ der LG Telis Finanz Regensburg waren vor uns.

>> Eine Frage schafft es bei uns bekanntlich obligatorisch in jedes Interview- „Wer hat aus Deiner Sicht den größten Sprung gemacht und wer galt diese Saison als die Überraschung?“

Die überragenden Leistungen von Gabi habe ich schon genügend angesprochen. Kathi Schäfers ist trotz hartnäckigen Verletzungsproblemen und daher etwas schwächeren Leistungen, zweifache deutsche Meisterin in der W35 geworden.

Stark fand ich auch die „Comebacks“ von Stefan Brockfeld und Andreas Senner, die sich nach längerer Verletzungspause wieder nach vorne gearbeitet hatten und in Siegburg (plus Andreas Rottler) mit der Mannschafts-Goldmedaille belohnt wurden.

Gefreut haben mich auch die Steigerungen bei Julia Otterbach und Jannik Ax, die für ihren Trainingsfleiß zu Recht belohnt wurden. Bert Schmal ist als relativer Läuferneuling regelrecht nach vorne geschossen. Petra Henkel ist ganz toll eingeschlagen…ich könnte in der erfolgreichen Saison noch viele nennen.

>> Dich sieht man immer wieder mal mit prominenten Sportlern. Im letzten Jahr hattest Du u.a. die Crosslauf-Europameisterin Konstanze Klosterhalfen getroffen. Gelegenheiten zu Smalltalk mit Profi-Sportlern ergeben sich vermutlich ab und an. Was waren hier die prägendsten Erinnerungen und wen schätzt Du besonders?

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Dieter Müller trifft den Ex-Weltmeister Willi Wülbeck

Das Bild mit Konstanze Klosterhalfen habe ich in diesem Jahr im Bekanntenkreis noch oft verschickt. Daran erkennt man, dass diese Begegnung etwas Besonderes für mich war.

Seitdem ich sie vor einigen Jahren über 3000m in Bergisch-Gladbach gesehen habe, verfolge ich ihren Weg. Man konnte schon damals sehen, dass es sich um ein absolutes Ausnahmetalent handelt. Dabei ist sie sehr sympathisch und natürlich geblieben.

Dieses Jahr habe ich bei der Läufergala in Krombach mit dem ehemaligen 800m Weltmeister Willi Wülbeck sprechen können. Ich bin vor 30 Jahren beim 10km Straßenlauf in Kirchen gegen ihn gelaufen und habe nur knapp verloren. Ich konnte mich gut daran erinnern, er allerdings an mich nicht mehr .

>> Gewisse Dinge haben inzwischen ihren festen Platz gefunden, seien es gemeinsame Fahrten und Feierlichkeiten oder die „berüchtigte“ 3.Halbzeit. Wie wichtig ist es Dir, dass sich alle Aktiven, unabhängig von ihrer Leistungsstärke, auch mal entspannt auf Augenhöhe begegnen?

Mir ist das Gemeinschaftsgefühl sehr wichtig. Bei allem sportlichen Ehrgeiz darf die Geselligkeit nicht fehlen. Daher sind Gemeinschaftsevents wie Blumensaatlauf oder Saisonabschluss im Sudwerk für mich unersetzlich und ich werde mich weiter dafür einsetzen.

Die 3.Halbzeit in Deuz ist ebenfalls ein unverzichtbarer Teil der Deuzer Laufgemeinschaft. Da unsere Leute aber mittlerweile im ganzen Siegerland oder darüber hinaus verteilt sind, lässt die Beteiligung ab und an mittwochs zu wünschen übrig, zum Bedauern vom Deuzer „Urgestein“ Karl Steiner.

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Erst die Arbeit dann das Vergnügen, die 3.Halbzeit in Deuz ist legendär

>> Wenn man von „Licht und Schatten“ spricht- welches sportliche Ereignis war dieses Jahr aus Deiner Sicht optimal und wo sind Deine Erwartungen eher nicht erfüllt worden?

Die vielen Meisterschaftserfolge habe ich bereits ausgiebig erwähnt. Die Ausbeute war sensationell und wird wahrscheinlich so schnell nicht zu toppen sein. Daher waren die Meisterschaften in Freiburg (HM) und Siegburg (10km) wirklich mehr als optimal.

Leider hatte Tina Schneider, die überregional ein großes Aushängeschild des TuS Deuz ist, keine gute Saison. Nach einem starken Halbmarathon in Freiburg (1:19:55 Std) gab es manche nicht erklärbare Enttäuschungen. Aber nach einigen tollen Jahren muss man als gute Athletin auch mal Rückschläge verkraften. Ich bin mir sicher, dass wir Tina in absehbarer Zeit wieder in Topform erleben werden.

>> Den Blick nach vorn gerichtet- welche Termine hast Du 2020 im Plan stehen? Sieht man die Deuzer bis dahin noch an der Rennstrecke?

Erfreulicherweise finden die deutschen Halbmarathonmeisterschaften wieder in Freiburg statt (29.3.2020). Das wird im ersten Halbjahr sicher ein Schwerpunkt sein, auf den wir hin trainieren werden. Generell möchten wir möglichst bei vielen Meisterschaften gut vertreten sein. Aber wir haben nicht nur Meisterschaftsläufer/innen. Wer den Ehrgeiz hat, sich im Rahmen seiner Möglichkeiten zu verbessern, den werden wir natürlich wieder unterstützen.

>> Dir gehört natürlich wieder das „letzte Wort“! Möchtest Du an dieser Stelle noch etwas ergänzen?

Ich möchte mich diesmal als erstes bei unseren Aktiven für ihren Einsatz, Trainingsfleiß und das gute Miteinander bedanken. Damit alles so gut funktioniert wie das beim TuS Deuz der Fall ist, müssen viele Faktoren stimmen. Der Übergang auf der Abteilungsleiterposition von Karl Steiner auf Stefan Brockfeld hat reibungslos geklappt. Egal ob es die Abwicklung der Teamkleidung durch Susanne, die medizinische Betreuung durch das Ärzteehepaar Löhr, das Organisieren der 3.Halbzeit durch Andreas Oster oder die vorbildliche Arbeit des Fördervereins ist, beim TuS Deuz sind viele Personen im Einsatz und opfern ihre Freizeit.

Deshalb vielen Dank von meiner Seite, dass uns ermöglicht wird, diesen tollen Sport in einer funktionierenden Gemeinschaft so intensiv und erfolgreich betreiben zu können.

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Herzlichen Dank Dieter, dass Du dir wieder so viel Zeit extra für uns genommen hast! Die Leser unserer Homepage dürften sich sehr darüber gefreut haben.

Im Namen der Online-Redaktion wünsche ich dir und deiner Familie ein gesegnetes und friedvolles Weihnachtsfest und einen guten Rutsch in Jahr 2020! Wir hoffen Du hast ein paar erholsame Tage und kannst genug Kraft und Motivation für die neue Saison tanken.

-notiert von: Torsten Hähling-